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World Bank Vienna: Blick nach Südosten

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Die Weltbank doppelt auf: Mit Jahresbeginn 2014 arbeiten im Vienna Office 65 Experten . Mitarbeiter aus praktisch allen Kompetenzfeldern der Weltbank-Gruppe haben von hier aus nicht nur die Entwicklung Südosteuropas im Visier, sondern managen Programme, die auch im gesamten Osteuropa, in Zentralasien und Afrika umgesetzt werden.

Selbst der Korrespondent der japanischen Nikkei-News Corporation war gekommen. Ellen Goldstein, World Bank Country Director für Südosteuropa, hatte mit dem Finanzministerium und dem Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche zur Konferenz „Jobs wanted: Youth in Southeast Europe“ geladen. Die Veranstaltung im Wiener Galaxy Tower am 21. Oktober war für die Weltbank als wohl immer noch wichtigste internationale Organisation zu Entwicklung und Armutsbekämpfung auch eine Art Housewarming-Event – der Standort Wien wurde und wird massiv gestärkt, und das ist auch ein programmatisches Mosaiksteinchen für ein neues Selbstbild: Die Weltbank will, so kommuniziert es der Arzt und Entwicklungsspezialist Jim Yong Kim seit seiner Kür zum Präsidenten, „noch näher an die Klienten, noch näher zu den Problemen, mit dem gesamten globalen Wissen, das die Bank vereint.“ Dr. Kim, wie er intern kurz genannt wird, möchte die Anstrengungen im Bereich Armutsbekämpfung massiv stärken. Innerhalb einer Generation soll extreme Armut global nicht mehr existieren, mehr Menschen sollen am Wohlstand partizipieren. Wohl auch daher wurde die West-balkan-Einheit der Weltbank von Washington abgezogen, um per 1. August in Wien als Country Unit für Southeast Europa ihre Zelte aufzuschlagen. Womit auch erstmals ein Country Director in Wien arbeitet, der von hier das gesamte Portfolio aus Projekten und Programmen in sechs Ländern managt.

Doch im Weltbank-Büro in Wien, das seit 2007 an seinem heutigen Standort logiert, tut sich noch mehr. Nicht nur Ellen Goldstein und ihre rund zehnköpfige Experteneinheit residieren nunmehr in der Praterstraße anstatt in der H Street, NW Washington. Mit Experten für Energie, Umwelt, soziale Entwicklung, Gesundheit, nachhaltige Entwicklung, Finanzsektorentwicklung, Privatsektorentwicklung und mehr wird sich der Mitarbeiterstand mit Beginn 2014 binnen weniger Monate auf rund 65 Personen fast verdoppelt haben. Dass Wien bei der Expansion in die Welt zum Zug kam, ist abgesehen von der Nähe zum naturgegebenen Zielgebiet Südosteuropa auch der Unterstützung und der Kooperation mit Österreichs Finanzministerium zu verdanken. 

 Operatives Büro Andras Horvai ist hier jetzt gewissermaßen der Manager für Operations des erweiterten Büros. Der gebürtige Ungar, seit 1993 bei der Weltbank, leitete zuvor unter anderem das Büro in Zagreb, war Country Program Coordinator für die Türkei und hat sich bei den Weltbank-Aktivitäten in Sachen Wiederaufbau von Bosnien und Herzegowina Meriten erworben. Horvai kam im August aus Washington und war Ansprechpartner für das Finanzministerium für die Finalisierung der Büroerweiterung. Die Position als administrativer Office Manager ist in Wien neu und macht die Hälfte seiner Arbeit aus, erzählt Horvai, „in der anderen Hälfte bin ich mit dem gesamten Südosteuropa-Portfolio inklusive 40 Projekten in sechs Ländern in leitender Funktion beschäftigt.“ 

Im September und Oktober gab es bereits zwei große Konferenzen zur Privatsektorentwicklung in den unmittelbaren Zielländern, also jenen des östlichen und südöstlichen Europas sowie einigen in Zentralasien. „In vielen dieser Länder ist die Energieversorgung eine der großen Herausforderungen. Das Problem ist sehr vielschichtig und reicht bis zum Faktum, dass es oft illegale Stromentnahmen durch die Endkunden gibt“, sagt Horvai. Weitere Arbeitsfelder sind Bildung, Gesundheit und soziale Sicherheit. Das Wiener Büro sei zudem jetzt nicht nur eines der größten Weltbank-Büros in Europa, sondern vor allem auch ein operatives, von dem aus konkrete Projekte und Programme betreut werden, so Horvai. „Wir sind die zentrale Management-Einheit für Südosteuropa und somit ein wichtiges Element innerhalb der Arbeit in der organisatorischen Einheit Europa und Zentralasien.“ 

Im Galaxy Tower waren im Oktober schon über 50 Mitarbeiter mit über 15 verschiedenen Muttersprachen tätig, für beinahe alle großen Organisationen der Gruppe: die eigentliche Entwicklungsbank IBRD, der Privatsektorentwickler International Finance Corporation IFC, die Multilateral Investment Guarantee Agency MIGA sowie die IDA und die ICSID, deren Kernaufgaben die Armutsminderung in den ärmsten Ländern und Streitschlichtung unter Ländern sind. Die Bank ist ja vielmehr als eine Bank – die internationale Organisation unterstützt ihre Mitgliedsländer mit fachlichen und ökonomischen Analysen, Beratung, Trainings und Capacity Building sowie natürlich Finanzmitteln auf Basis von Grants, Krediten, Beteiligungen, Garantien und mehr.

Knapp ein halbes Dutzend Österreicher stehen direkt in der Praterstraße in Diensten der Weltbank-Gruppe, dazu viele indirekt bei diversen Projekten, die von Wien aus gemanagt werden, wie etwa dem Danube Water Program. Die Österreicher werden im Satellite Office Wien oder bei dessen Projekten im Feld nicht als solche bevorzugt. Denn die Jobs werden hier, so Horvai, „nicht per Nominierung, sondern nach Qualifikation“ vergeben. „Die österreichische Expertise vor Ort und das Arbeiten in derselben Zeitzone wie die Zielländer waren ebenso wichtige Faktoren für Wien. Und Österreich ist natürlich ein angenehmer Platz zum Arbeiten und Leben.“

Regelmäßige Jobrotation in der Weltbank-Gruppe ist Usus, und damit ist naturgemäß oft auch ein anderer Wohnort unabdingbar. Der gestärkte Standort mit mehreren Abteilungen schafft aber auch mehr Möglichkeiten für die Mitarbeiter in Wien. Deshalb konnte etwa Harald Jedlicka für die Weltbank-Gruppe durchgehend in Wien arbeiten, sogar noch bevor die Weltbank offiziell hier ansässig war: 2004 bezog der vormalige Austrian Airlines-Manager mit einem Kollegen am Standort der Oesterreichischen Kontrollbank OeKB ein Büro, um der MIGA in Washington zuzuarbeiten. „Ein anderer Arbeitsort als Wien wäre nicht sehr interessant, ich habe ja Familie hier“, lässt Jedlicka keine Zweifel über seine lokalen Präferenzen. Im Moment ist er für das Investment Climate Department ICD tätig. Dieses ist für die Verbesserung des Investitionsklimas in Zentral- und Südosteuropa, dem Nahen Osten und Nord- sowie auch Subsahara-Afrika bis Zentralasien verantwortlich. Dabei wird technische Beratung geleistet, um in Zusammenarbeit mit den Regierungen etwa das Steuersystem oder die Strukturpolitik zu verbessern. Die siebenköpfige ICD-Einheit, in der Jedlicka arbeitet, wird innerhalb des nächsten Jahres auf 14 Personen anwachsen, so der Plan. 

Die „Wiener Weltbank“ wurde 2007 geboren, als das erste von mittlerweile drei Stockwerken im Galaxy Tower angemietet wurde, um das Centre for Financial Reporting Reform CFRR zu beherbergen. Das CFRR ist eine für ganz Europa und Zentralasien zuständige Weltbank-Einheit im Bereich Corporate Governance und speziell Financial Reporting. Finanzministerien, Finanzaufsichtsbehörden und andere Organisationen wie Kammern und Berufsverbände sowie der universitäre Bereich werden beraten und bei der Umsetzung von Reformen und Gesetzen sowie dem Aufbau von Institutionen mit Expertise unterstützt. Das CFRR wurde im Rahmen des REPARIS-Programms geschaffen, welches wiederum die Länder auf EU-Standards trimmen soll. Kooperiert wird unter anderem mit dem Finanzministerium, der Austrian Development Agency sowie auch der EU. 

Einer der rund 15 Mitarbeiter des CFRR in Wien ist Reinhard Haslinger. Er werkte zuvor drei Jahre in den USA. Dann war er federführend beim Aufbau des Wiener Weltbank-Büros beteiligt. Seine Aufgabe besteht hauptsächlich darin, gemeinsam mit Fachexperten Capacity Building Programme zu entwickeln und diese dann entsprechend umzusetzen. „Unsere Zuständigkeit reicht von den neuen EU-Ländern bis nach Zentralasien“, erläutert Haslinger, „und unter anderem diese Vielfalt an Ländern, Kulturen und Aufgaben macht den Job so interessant. Auch innerhalb der Bank. Oftmals haben wir ein Projektteam, wo beinahe jeder Kontinent vertreten ist, und gemeinsam versuchen wir, aus globalem Wissen bzw. Erfahrungsschatz und Good-Practice-Beispielen die besten Lösungen für unsere Partnerländer zu erarbeiten und umzusetzen.“ 

 

Chat mit Kim  Künftig soll lokales Wissen noch mobiler gemacht werden, Organisations- und Kostenstruktur werden auf Synergien durchleuchtet, die fünf Weltbank-Organisationen werden zu besserer Zusammenarbeit ermuntert. Nachdem die Bank bei der Bewältigung der Finanzkrise eine starke Rolle eingenommen hat, soll sie nun für die kommenden Jahre organisatorisch und inhaltlich neu strukturiert werden. Dank Dr. Kim herrscht Aufbruchsstimmung, meinen sowohl Haslinger als auch Jedlicka. Letzterer erzählt ein anschauliches Beispiel: Jim Yong Kim war bereits zwei Mal für alle der weltweit mehr als 15.000 Mitarbeiter 24 Stunden lang per Chat erreichbar, „Follow the Sun“ nannte sich die Aktion. „Ich war überrascht, dass ich mit ihm plaudern und Anregungen platzieren konnte“, so Jedlicka. Worüber genau, bleibt natürlich sein Geheimnis. ◆ 

 
 

About Harald Kloeckl

Communications Manager + Content Creator

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